Landgericht Essen

Urteil nach Messerangriff: Familienvater aus Gelsenkirchen muss in Haft

Stand: 03.05.2024, 18:10 Uhr

Weil er auf den Freund seiner Tochter eingestochen hat, ist ein Mann aus Gelsenkirchen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Vor dem Landgericht Essen hatte der Familienvater ein Geständnis abgelegt. Das 20-jährige Opfer überlebte die Tat nur knapp.

Von Thomas Becker

Zahlreiche Familienangehörige von Täter und Opfer sind zur Urteilsverkündung gekommen. Die einen stammen aus dem Kosovo, die anderen haben ihre Wurzeln in Kurdistan. Wachtmeister trennen beide Gruppen, denn an einem Prozesstag hatte es handgreifliche Auseinandersetzungen gegeben.

Und die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Racheakte. Darauf geht auch der Richter am Freitag im Urteil ein: „Es geht überhaupt nicht, dass hier Leute bedroht werden“, sagt er, „dass Familien umziehen müssen, dass ein Auto plötzlich brennt.

Eskalation nach Familienfeier

Am letzten Prozesstag bleibt es ruhig im Gericht. Ausführlich schildert der Richter noch einmal, was im vergangenen Juli im Gelsenkirchener Ortsteil Hassel geschehen ist. Nach einer Familienfeier erfährt der Angeklagte, dass seine 19-jährige Tochter einen Freund hat. Und der hatte offenbar gerade ein Mitglied seiner Familie beleidigt.

Seit Jahrzehnten lebt der 53-Jährige in Deutschland, nie hat er sich etwas zu Schulden kommen lassen. Doch jetzt rastet er aus. Mit einem Messer geht er auf die Straße, begleitet von mehreren Angehörigen, sofort greifen sie dort den 20-Jährigen an.

Dreimal sticht der Angeklagte auf den jungen Mann ein, dann laufen alle ins Haus zurück. Mit lebensgefährlichen Verletzungen kann das Opfer sich noch einmal aufraffen und Nachbarn alarmieren. Die rufen den Notarzt.

"Ich hoffe, Sie gehen sich aus dem Weg."

Zum Prozessauftakt hatte der Täter unter Tränen ein Geständnis abgelegt und sich entschuldigt: "Es tut mir wirklich von Herzen leid, was passiert ist. Ich bin sehr froh, dass er noch am Leben ist". Das Gericht wertete das zugunsten des Mannes.

Der Richter machte im Urteil aber auch sein völliges Unverständnis für die Tat deutlich: „Ihre Tochter war 19 Jahre alt, eine erwachsene Frau. Sie kann selbst entscheiden, wie sie ihr Leben führen will. Wir leben hier in Deutschland.“

Neben dem Messerstecher wurden am Freitag auch drei beteiligte Familienmitglieder verurteilt, zu Haft- und Bewährungsstrafen. Der Richter schloss die Verhandlung mit einem Appell an beide Seiten: „Ich hoffe inständig, dass dieses Urteil zur Befriedigung führt, dass beide Familien sich am besten komplett aus dem Weg gehen.“

Unsere Quelle:

  • WDR-Reporter vor Ort

Urteil nach Messerangriff

WDR Studios NRW 03.05.2024 00:41 Min. Verfügbar bis 03.05.2026 WDR Online